sei ihr das dem äußeren Anschein nach so vorgekommen. Sie schrieb unter anderem, daß er sich, obgleich er offen-bar so sehr in sich selbst versponnen sei und sich gegen alle gleichsam abschließe, zu seinem neuen Leben sehr natürlich und einfach einstelle; daß er seine Lage richtig einschätze, für die nächste Zeit nichts Besseres erwarte, keine leichtsinnigen Hoffnungen hege – was doch bei Menschen in seiner Situation so oft vorkomme – und sich in seiner neuen Umgebung, die so ganz anders sei als alles, was er von früher her gewohnt sei, fast über nichts wundere. Sie berichtete, daß sein Ge-sundheitszustand befriedigend sei. Er gehe zur Arbeit, vor der er sich nicht drücke und zu der er sich nicht dränge. Was es zu essen gebe, sei ihm völlig gleich, doch sei die Verpflegung außer an Sonn- und Feiertagen derartig schlecht, daß er end-lich von ihr, Sonja, gern einiges Geld angenommen habe, um sich täglich Tee leisten zu können; was alles andere betreffe, so habe er sie gebeten, sich keine Mühe zu geben, und ihr versichert, all diese Fürsorge ärgere ihn nur. Weiter teilte Sonja mit, daß er im Gefängnis in einem Raum zusammen mit den anderen Gefangenen untergebracht sei; sie habe das Zucht-haus nicht von innen gesehen, meine aber, daß es dort eng, abscheulich und unhygienisch sein müsse. Er schlafe auf einer Pritsche und lege sich eine Filzmatte unter, sonst wolle er nichts für sich tun. Er lebe aber keineswegs nach irgendeinem vorgefaßten Plan oder aus Absicht so hart und armselig, son-dern einfach aus Gleichgültigkeit und Unachtsamkeit dem eigenen Schicksal gegenüber. Sonja schrieb unumwunden, daß er sich, zumal in der ersten Zeit, kaum für ihre Besuche in-teressiert habe, sondern im Gegenteil über ihr Kommen bei-nahe ärgerlich gewesen sei; daß er anfangs schweigsam und grob zu ihr gewesen sei, daß ihm aber am Ende diese Besuche zu einer Gewohnheit und geradezu zu einer Art Bedürfnis geworden seien, so daß er sich sogar sehr kränkte, als sie einige Tage krank gewesen sei und nicht habe kommen kön-nen. Sie sehe ihn an Feiertagen beim Gefängnistor oder in der Wachstube, wohin man ihn für einige Minuten rufe; an Werktagen jedoch treffe sie ihn an seinem Arbeitsplatz – ent-weder in den Werkstätten oder in den Ziegeleien oder in den
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