gelehrte Untersuchungen – da lassen Sie sich's wohlgehen; in diesen Regionen fühlen Sie sich zu Hause. Ich selbst bin ein wenig ... Haben Sie die Aufzeichnungen Livingstones gelesen?«

»Nein.«

»Ich schon. Übrigens macht sich der Nihilismus jetzt sehr breit; nun ja, das ist ja auch verständlich; was sind denn das für Zeiten, frage ich Sie! Ich will Ihnen ... Sie sind doch natürlich kein Nihilist? Antworten Sie mir aufrichtig, ganz aufrichtig!«

»N-n-nein ...«

»Ach, wissen Sie, mit mir können Sie ganz offen sprechen: Sie brauchen sich keinen Zwang aufzuerlegen, tun Sie, als wären Sie mit sich allein! Der Dienst ist eine Sache für sich ... und eine andere Sache ist – Sie glauben wohl, ich wollte jetzt sagen: die Freundschaft? Nein, mein Herr, Sie haben es nicht erraten! Nicht die Freundschaft, sondern das Gefühl, daß man auch Staatsbürger und Mensch ist, das Gefühl der Humanität und der Liebe zum Allmächtigen. Ich kann durchaus eine offizielle Persönlichkeit sein und meinen Dienst tun, aber trotzdem bin ich immer verpflichtet, mich als Staats-bürger und als Mensch zu fühlen und mir darüber Rechen-schaft abzulegen . . . Sie beliebten eben Sametow zu er-wähnen. Sametow zum Beispiel würde wie ein Franzose in einem unanständigen Lokal bei einem Glas Champagner oder Donwein Krach schlagen – da haben Sie Ihren Sametow! Ich aber glühe sozusagen vor Ergebenheit und hohen Ge-fühlen; außerdem stelle ich etwas vor, ich habe einen Rang, bekleide eine Stellung! Ich bin verheiratet und habe Kinder. Ich erfülle meine Pflicht als Staatsbürger und als Mensch, aber wer ist denn er, dieser Sametow, wenn Sie mir die Frage gestatten? Ich frage Sie als einen Menschen, der durch seine Bildung hoch über den andern steht ... Übrigens machen sich jetzt auch diese Hebammen furchtbar breit.«

Raskolnikow zog fragend die Brauen hoch. Ilja Petro-witschs Gerede – er war offenbar soeben erst vom Essen ge-kommen – hämmerte und prasselte auf ihn los wie ein leeres Geräusch. Aber einen Teil von dem, was jener sagte, verstand

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