soll denn das, mein Lieber? Auf diese Weise kann man sich leicht ein Nervenfieber zuziehen, wenn man solchen Anwand-lungen nachgibt und seine Nerven ruiniert, indem man nachts hingeht, Glocken läutet und nach Blut fragt! All diese Psychologie habe ich in der Praxis gründlich studiert. Genau-so treibt es manchmal einen Menschen, aus dem Fenster oder von einem Turm zu springen, und dieses Gefühl ist höchst verlockend und verführerisch. Ebenso geht es einem auch mit einer Glocke, mein Herr ... Das ist eben eine Krankheit, Ro-dion Romanowitsch, eine Krankheit! Sie achten nachgerade zu wenig auf Ihre Krankheit. Sie sollten einen erfahrenen Arzt konsultieren, denn wer ist schon dieser dicke Kerl ... Sie phantasieren! Das alles passiert Ihnen einfach nur im Delirium! ...«

Für einen Augenblick drehte sich alles vor Raskolnikows Augen.

Lügt er denn auch jetzt? überlegte er. Auch jetzt? Das ist unmöglich, unmöglich! wies er diesen Gedanken zurück, da er im voraus fühlte, bis zu welch blinder Wut ein solcher Ge-danke ihn zu bringen vermochte; er fühlte, daß er vor Wut verrückt werden könnte.

»Das geschah nicht im Delirium; ich habe es bei vollem Bewußtsein getan!« rief er laut und strengte all seine Ver-standeskräfte an, um das Spiel Porfirijs zu durchschauen. »Bei vollem Bewußtsein, bei vollem Bewußtsein! Hören Sie?«

»Ja, ich höre, mein Herr, und verstehe! Sie haben schon gestern betont, daß Sie bei Bewußtsein gewesen seien; Sie legten sogar besonderen Nachdruck auf die Behauptung, das Sie das nicht im Fieber getan hätten! Ich verstehe Sie voll-kommen! Ach, ach! ... Hören Sie doch, Rodion Romanowitsch, Sie mein Wohltäter, wir brauchen uns doch nur eines vor Au-gen zu halten: wären Sie wirklich und wahrhaftig der Mör-der oder auch bloß irgendwie in diese verdammte Sache verwickelt – würden Sie dann, ich bitte Sie, selber darauf bestehen, daß Sie das alles nicht im Delirium taten, sondern bei vollem Bewußtsein? Würden Sie dann so hartnäckig dar-auf bestehen, mit einem so eigenartigen Starrsinn – wäre das möglich, ich bitte Sie, wäre das überhaupt möglich? Nein,

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